Dienstag, 17. September 2013

Das Werwolfspiel von Johanna Rieger

Nach 25 Jahren trifft sich eine Spielergruppe auf Einladung der Ärztin Rosa in einem abgelegenen Haus wieder, um miteinander ein Runde "Die Werwölfe vom Düsterwald" zu spielen. Rosas Freunde ahnen dabei aber nicht, dass sie sich mit einem anderen Mitglied der Gruppe zusammengetan hat, um sie mit einem dunklen Geheimnis aus der Vergangenheit zu konfrontieren....

Das Werwolfspiel von Johanna Rieger
Ich freue mich immer, wenn sich jemand im deutschsprachigen Raum an einem Horror/Mysteryfilm versucht und dabei nicht den für die Szene typischen Wald- und Wiesensplatterfilm drehen möchte. Außerdem liebe ich das Spiel "Die Werwölfe vom Düsterwald" und denke, dass man rund um so ein Gesellschaftsspiel, wo es im Kern darum geht, den Mörder (oder in diesem Fall halt die Werwölfe) zu finden, einen schönen Horrorfilm machen kann. Da kann ja gar nichts mehr schief gehen, richtig?


Falsch. So gut die ursprüngliche Idee auch ist, so sehr krankt es an der Umsetzung. Fangen wir einmal mit den Charakteren an. Den Zuschauern wird hier ein Haufen von absolut unsympathischen Vollpfosten präsentiert, von denen keiner auch nur ansatzweise so etwas wie eine Identifikationsfigur darstellt.Quasi von Beginn an tritt der offene Hass, den manche in dieser Spielergruppe füreinander empfinden, offen hervor, sodass ich mich bereits nach fünf Minuten gefragt habe, wieso diese Menschen überhaupt miteinander einen Abend verbringen möchten und nicht längst wieder auf dem Heimweg oder wieso sie überhaupt gekommen sind. Das ist aber nicht das größte Problem des Films von Johanna Rieger, die nicht nur für Regie und Drehbuch verantwortlich ist, sondern auch die Hauptrolle übernahm.
Diese fangen nämlich in der Sekunde an, in welcher die Gruppe mit dem Spiel beginnt. Lest euch erst einmal die oben verlinkten Regeln durch. Klingen relativ einfach, oder? Trotzdem hat man es geschafft, den Film so zu machen, dass man ihn ohne Erklärung dieser nicht versteht. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn der Film nicht so aufgebaut wäre, dass man ihn nicht versteht ohne das Spiel zu kennen. Genau das ist hier aber der Fall. Da wird dann einfach vorausgesetzt, dass der Zuschauer weiß, was gemeint ist, wenn die Spielleiterin den Satz "Die Dorfbewohner wählen ein Opfer!" sagt.
Feuchtgebiete, Teil 2?
Das Werwolfspiel
Endgültig verloren hat der Film aber ohnehin schon nach der ersten Runde des Spieles. Da kippt das erste Opfer der Werwölfe tatsächlich tot vom Stuhl und was machen unsere Helden? Sie spielen einfach weiter, denn nur so kann man den Mörder entlarven. Dabei halten sie sich auch noch an die Regeln, denn natürlich kann nur einer der Werwölfe der Mörder sein. Bitte WAS?? Erstens: Wer sagt, dass der Mörder unbedingt eine Werwolfkarte haben muss? Wenn ich irre genug bin, meine Freunde umzubringen, wieso sollte ich mich dann davon abhalten lassen, wenn ich "nur" eine Dorfbewohnerkarte gezogen habe? Zweitens: Die Protagonisten sind nicht einmal von der Außenwelt abgeschnitten. Alles, was sie von der Zivilisation trennt, sind ein paar Kilometer Waldweg, die man aber ohne größere Probleme mit dem Auto zurücklegen kann. Bei Agatha Christie und Co gab es in so einer Situation wenigstens einen anständigen Schneesturm oder ein Gewitter, um zu erklären, warum alle in einem Haus mit einem ihnen unbekannten Mörder bleiben und diesen selber finden und unschädlich machen müssen. Darauf hat man hier ganz einfach vergessen und kommt mir bitte nicht damit, dass der Waldweg zu schwierig zu befahren sein könnte, denn schließlich haben es auch alle geschafft, das Haus unbeschadet zu erreichen.

Ein Haus voller Soziopathen
Das Werwolfspiel
Als ich vorhin geschrieben habe, dass die Mitspieler alle unsympathisch sind, habe ich übrigens noch untertrieben. Manche von ihnen sind nämlich ausgewachsene Soziopathen. Beispiel gefällig? Da kommt endlich jemand aus der Gruppe auf die Idee, dass das erste Opfer ja durch den Wein gestorben sein könnte, den es getrunken hat. Natürlich denkt sich dann sofort ein anderes weibliches Gruppenmitglied, dass es doch ganz doll lustig wäre, wenn sie jetzt einen Schluck Wein trinken und dann so tun würde, als würde es röchelnd sterben, um anschließend lachend zu zeigen, dass das nur ein Spaß war. Das alles tut sie vor dem Ehemann der Toten, der mit ihr am gleichen Tisch sitzt (und der sie völlig unverständlicherweise nach dieser Aktion nicht mit dem Kerzenständer erschlägt). So beweisen uns unsere Helden immer wieder, dass sie die größten Arschlöcher auf diesem Planeten sind, während alle Zuschauer längst dem Killer die Daumen drücken.  Und mittendrin sieht man immer wieder einen Typen mit weißem Anzug und Werwolfmaske, der aber nicht der Mörder ist, sondern nur schwer symbolisch wirken soll.

Das Motiv der Täter
Das Werwolfspiel
(Spoilerwarnung) Das Motiv der beiden Täter (es sind Rosa und ein weiteres weibliches Mitglied der Gruppe) ist folgendes: Vor 25 Jahren haben zwei der Männer die jüngere Frau (die Namen habe ich mir leider nicht gemerkt) ans Bett gefesselt und mit einem Schürhaken vergewaltigt. was hatte Rosa gemeinsam mit dem Opfer nun, 25 Jahre später, geplant? Genau, "Konfrontation und Verzeihen" ist angesagt. Verzeihen...DIE FRAU IST VON ZWEI MÄNNERN ANS BETT GEFESSELT UND VERGEWALTIGT WORDEN!! Wie zum Teufel soll man so etwas verzeihen? Wieso hat damals niemand die Polizei geholt? Warum haben alle Beteiligten bei der in der Rückblende gezeigten Vergewaltigung genau die gleichen Sachen an ? Wieso wird dann die Rückblende nicht wenigstens irgendwie klar gekennzeichnet, damit man sich beim Ansehen nicht wundert, wieso plötzlich Tag ist und die Protagonisten plötzlich draußen stehen? Lauter Fragen, die nicht beantwortet werden. Da fällt es dann fast nicht mehr auf, dass eines der Opfer im Nebenzimmer von der jungen Frau unbemerkt an den Beinen aufgehängt und ausgeweidet wurde und das, obwohl die Tür offen steht.

Fazit zu "Das Werwolfspiel"
Leider muss ich sagen, dass "Das Werwolfspiel" nicht über Trashniveau hinauskommt. Platte Dialoge, völlig unlogische Handlungsabläufe und Charaktere, denen man nach 5 Sekunden einen grausamen Tod wünscht verderben einem beim Zuschauen leider ziemlich schnell den Spaß. Das finde ich in diesem Fall besonders schade, da hier eine Menge Potenzial verschenkt wurde.

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