Sonntag, 24. Juli 2016

The Gallows von Travis Cluff & Chris Lofing

The Gallows (USA 2015) von Travis Cluff und Chris Lofing
Vor zwanzig Jahren starb ein Schüler bei der Aufführung eines Schultheaterstückes bei einem spektakulären Unfall (sagen wir es mal so: Bei dieser Vorstellung wurde der Tod durch Erhängen auf äußerst realistische Weise dargestellt - alles für die Kunst, oder was?). Das Jubiläum dieses Todesfalls will die nun aktuelle Theatergruppe begehen, indem sie dasselbe Stück wieder aufführen (den Galgen dafür haben sie schon aufgebaut - sehr pietätvoll). In der Nacht vor der Aufführung kriegt der Darsteller der männlichen Hauptrolle kalte Füße. Deshalb hält er den Plan seines Freundes Ryan, im Theater einzubrechen und alles zu demolieren, damit die Vorstellung abgesagt werden (Krank melden ist wohl keine Option?) und er sich nicht vor der versammelten Schüler- und Elternschaft zum Depp der Woche machen muss. Schnell stellen die beiden (die auch noch eine Schulkollegin im Schlepptau haben) fest, dass sie in dem Gebäude nicht allein sind. Denn jemand hat alle Türen verriegelt und macht nun Jagd auf sie...


(Spoilerwarnung) Ich werde mich hier nicht mit langen Einleitungen aufhalten: Von all den Found Footage Filmen, die ich auf dieser Seite bisher besprochen habe, hat "The Gallows" die mit Abstand dümmste Prämisse von allen: Ich habe ja schon viele bescheuerte Ideen gehört, aber welche Gruppe von Jugendlichen filmt sich bitte selbst bei einem Einbruch die ganze Zeit hindurch? Und das noch mit der Kamera, mit welcher der Arbeitsfortschritt am Theaterstück und am Abend das Stück selbst festgehalten werden soll? Die fordern es ja geradezu heraus, erwischt zu werden. Natürlich gibt es auch in "The Gallows" jede Menge Szenen, die kein normaler Mensch mehr filmen würde. Mein persönlicher Favorit ist diejenige, in der eines der Mädchen verzweifelt versucht, eine der verschlossenen Türen auf zu bekommen und der werte Herr der Schöpfung daneben steht und filmt, während sie sich vor seiner Nase abrackert. Von den Szenen, in denen die Clique vor ihrem Mörder weg rennt und vom jeweiligen "Kameramann" immer wieder ZURÜCK gefilmt wird, damit wir verwackelte Bilder vom Verfolger sehen, rede ich da noch gar nicht. Das nenne ich mal "Um die eigene Ermordung betteln".
Schauspielerisch wird bestenfalls Magerkost geboten. Reese Mishler, Pfeifer Brown und Ryan Shoos haben vor allem mit ihrer mangelnden Erfahrung und unrealistischen Dialogen zu kämpfen. Einzig Cassidy Gifford konnte schon vor "The Gallows" einen nennenswerten Filmcredit vorweisen: Sie hat in Harold Cronks Christen-Propagandastreifen Gott ist nicht tot die nervige Freundin des Protagonisten gespielt. Vom Rest des Casts hier hebt sie sich trotzdem in keiner Weise ab.
Wenn das Drehbuch nicht gerade bekannte Found-Footage-Klischees durchkaut, kommt es mit eigenen Blödheiten um die Ecke, die allesamt aus der Kategorie "Dumme Menschen tun dumme Dinge, um irgendwie die Spannung zu erhalten" stammen. Wenn Reese am Ende vor einer offenen Tür steht, hinter ihm die offenbar verletzte Pfeifer (bevor ihr fragt: Die Filmcharaktere haben großteils die gleichen Vornamen wie die SchauspielerInnen, die sie verkörpern) heult, rennt er natürlich kurz zurück um nach ihr zu sehen, das ist klar. Wieso der ehemalige Footballspieler dann aber minutenlang neben ihr sitzen bleibt und das weibliche Fliegengewicht nicht einfach hochhebt und mit ihr zur Tür rennt, wissen wohl nur Travis Cluff und Chris Lofing. Mit dem Twist am Ende schaffen die beiden es schließlich endgültig, dass man mit dem Kopf voran gegen den nächsten Türpfosten rennen will (der wird hier aber nicht verraten). Das Duo ist hier nicht nur für das Drehbuch, sondern auch für die Regie verantwortlich. Leider muss gesagt werden, dass den beiden auch inszenatorisch nichts einfällt, damit "The Gallows" aus der Masse von Found Footage-Filmen irgendwie heraussticht. Wütend macht einen dafür die Entstehungsgeschichte des Prologs aus dem Jahr 1993: So wurden die realistischen Reaktionen auf den Theaterunfall 1993 dadurch erreicht, dass man dem Theaterpublikum schlicht nicht erzählt hat, dass hier ein Unfall mit dem Galgen passieren wird. Die haben alle geglaubt, dass der Teenager auf der Bühne tatsächlich in akuter Lebensgefahr schwebt, die Panik der Menschen war echt. In den Extras der Blu Ray erzählt Travis Cluff dann noch davon, wie großartig es gewesen sei, dass alle so geschockt waren. Kunststück, die haben ja auch alle geglaubt, dass hier gerade ein Mensch vor ihren Augen stirbt, du Spaßvogel!
Apropos Blu Ray: Darauf findet man auch die Urfassung des Filmes, die sich in zwei Punkten vom Endprodukt unterscheidet: Erstens ist sie um einige Dialogszenen länger und zweitens wird Cassidy Giffords Rolle von einer anderen Frau gespielt. Das ändert alles nichts am Film, der bleibt furchtbar.
Noch kurz etwas zur Prämisse des Films: Ich habe mich die ganze Zeit über gefragt, warum keiner im Lauf des Films die Frage stellt, ob es wirklich eine gute Idee ist, 20 Jahre nach diesem tragischen Unfall wieder jemanden unter den exakt selben Umständen im Theater am Galgen (der sogar identisch aussieht) baumeln zu lassen? Ich finde das nicht sehr pietätvoll.

Fazit zu The Gallows
"The Gallows" ist ein durch und durch durchschnittlicher, manchmal auch dämlicher, Horrorfilm. Nein danke, sag ich da nur. Next!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen